Betriebsansiedlung im ukrainischen Agrarsektor01.06.2011
Erst vor wenigen Jahren wurde die Ukraine als Investitionsgebiet für Agrarbetriebe entdeckt. Die Rahmenbedingungen dafür wurden allerdings bereits im Jahr 2000 geschaffen, mit der Privatisierung der landwirtschaftlichen Flächen und der Kollektivbetriebe. Offiziell wurden die Betriebe schon in den neunziger Jahren privatisiert, faktisch liefen sie aber nach dem planwirtschaftlichen Modell weiter: Der Staat finanzierte die Kolchosen und die Ernte wurde weiterhin zu staatlich geregelten Preisen aufgekauft. Durch den zum Nachteil der Landwirte geregelten Markt und ein Management, das nicht auf die neuen Bedingungen vorbereitet war, wurde die Entwicklung der Landwirtschaft behindert. Als Ergebnis fielen die Produktionszahlen im Pflanzenbau um 50 Prozent, in der Tierproduktion sogar um 70 Prozent. Als sich im Jahr 2000 andeutete, dass die Ukraine nicht mehr in der Lage sein würde ihren Eigenbedarf zu decken, wurden innerhalb eines halben Jahres die Betriebe privatisiert und der Staat zog sich aus der Finanzierung der Landwirtschaft zurück.
Das Land und das Betriebseigentum wurden unter den Kolchosmitgliedern aufgeteilt, die dadurch in Abhängigkeit von der Betriebsgröße durchschnittlich 5 ha Land bekamen. Einige der neuen Landeigentümer nutzten diese Gelegenheit, um sich mit dem zugeteilten Land selbständig zu machen. In den meisten Fällen wird das Land allerdings großflächig von Großbetrieben und zunehmend auch von Agrarholdings bewirtschaftet. Diese Chance haben inzwischen auch ca. 50 deutsche Landwirtschaftsbetriebe genutzt und sich in der Ukraine angesiedelt. Die Mehrzahl dieser Investoren hat sich in den Gebieten südlich von Kiew und in der Westukraine niedergelassen. Bei der Standortwahl spielten neben der guten Erreichbarkeit vor allem die Bodenqualität und die klimatischen Bedingungen eine große Rolle. In diesen Regionen treffen gute Schwarzerdeböden und Niederschläge von über 500 mm/a zusammen. Sie sind daher gut für den Marktfruchtanbau geeignet. Im Süden der Ukraine wird traditionell stärker auf künstliche Bewässerung gesetzt. Dort hat sich in den letzten Jahren ein intensiver Obst- und Gemüseanbau entwickelt.
Auch die Infrastruktur spielt eine wichtige Rolle. Die Zufahrtswege zum Betrieb und die Lage zu regionalen Zentren und Großstädten müssen bei der Standortwahl beachtet werden. In großen Teilen des ländlichen Raums ist die Zeit stehen geblieben, junge und gut qualifizierte Arbeiter ziehen in die Städte und je abgelegener die Betriebe liegen, desto schwieriger ist es, Mitarbeiter zu finden. Auch die Beschaffung von Ersatzteilen und Betriebsmitteln ist in strukturschwachen Gebieten aufwendiger.
Die steigende Nachfrage nach Agrarrohstoffen hat den Pachtmarkt in der Ukraine belebt. Wenn man vor einigen Jahren noch fast freie Auswahl bei den Betrieben und Standorten hatte, so wird es heute zunehmend schwer gute Betriebe zu finden. Die Bedingungen für den Einstieg sind schwieriger geworden. Heute ist es üblich dem scheidenden Betriebsleiter eine Abstandszahlung zu zahlen. Außerdem müssen in manchen Fällen Gebäude, Maschinen oder Feldbestände übernommen werden. Gestiegene Maschinen- und Betriebsmittelkosten haben den Finanzbedarf auf ca. 1.200 Euro/ha angehoben. Teilweise kommen noch 200 bis 500 Euro pro Hektar Abstandszahlung und Ankauf von Gebäuden hinzu. Da nur ukrainische natürliche und juristische Personen Land pachten dürfen, ist für Ausländer die Gründung einer ukrainischen Gesellschaft notwendig.
Die Vermarktung der Ernte, insbesondere von Marktfrüchten, ist kein Problem. Man hat die Auswahl zwischen kleinen lokalen und großen internationalen Händlern. Bei regulierenden Eingriffen in den Markt sind der Regierung durch den WTO-Beitritt in Zukunft enge Grenzen gesetzt. Investitionen in die Tierproduktion laufen erst seit kurzen an, in erster Linie durch einheimische Investoren. Positive Marktprognosen und eine bevorstehendes Freihandelsabkommen mit der EU machen dieses Segment sehr attraktiv.
Die Ukraine hat engagierten Unternehmern also einiges zu bieten und kann vielleicht auch mit Unterstützung deutscher Landwirte und moderner Technologien einen Teil ihres Rufes als Kornkammer Europas zurückgewinnen.
Weitere Informationen: www.olt-consult.de
Source – http://www.madeingermany.de